Ich schreibe diesen Blog, während ich hier in Israel ein Leben baue, zusammen mit meiner israelischen Freundin, Verlobten, seit Oktober 12 mit meiner Frau, in diesem so fremden und faszinierenden Land. Israel ist voller liebenswürdiger, spannender Menschen – und voller extremistischer Spinner auch. Israel ist ein bescheuert ambitioniertes Projekt, wo mich immer wieder das Gefühl beschleicht: Wie lange kann das gut gehen? Israel ist ein Land mit radikalem Vorwärtsdrang und ein Land voller Widersprüche. Vielleicht schöpft Israel gerade aus diesen Widersprüchen die unglaublich hohe Energie, die hier alles antreibt. Im Guten wie im Bösen.
Ich liebe die Hitze, die Direktheit der Menschen, das Grossstadt-Gefühl. Hier im Norden Tel Avivs komme ich als Europäer klar, finde ich überall Vertrautes. Lesbare Schriftzüge und Logos an jeder Ecke, in Kaffees und auf der Strasse wird viel Englisch und Französisch gesprochen etc. Aber 15 Minuten mit dem Bus weg, in den Stadtteilen weiter im Süden und im Landesinneren, bin ich plötzlich tief in einer anderen Welt. (Einer Welt, die hier Downtown wohl genauso stattfindet, die ich aber übersehe weil ich mich an MIR vertrautem festhalte.) Da draussen fühle mich dann wirklich fremd und herausgefordert – und gleichzeitig sauwohl, weil ich genau das gesucht habe. Denn das ist, was mir an Zürich fehlt: ein Kosmos, ein Raum, dem man sich aussetzen kann, wo die Ewartungshaltung nicht mehr klar vorgegeben ist.
Ich habe bisher nur vom Auswandern geträumt. Es ist kein Zuckerschlecken, das Auswandern, soviel habe ich schon begriffen. Und dabei bin ich ja nicht mal ein echter armer Migrant, sondern nur ein verwöhnter globalisierter Schweizer. Aus Zürich nach Tel Aviv zu ziehen, das geht nicht immer gut. Ich habe im ersten Jahr schon zwei Schweizer wieder verabschiedet, die sich hier niederlassen wollten. Es ist der Umzug von der einen Welt, in der alles seinen Platz hat, in diese Stadt in einem Land, wo alle eine Vorstellung haben, wie alles sein könnte – wo aber noch gar nichts ist, wie es sein sollte. Ich freue mich auf alles was kommt.