Angst um unser Leben
In den Nachrichten heisst es, «Tel Aviv wird angegriffen». Das tönt gefährlich. Ist es aber bis jetzt zum Glück überhaupt nicht. Es sind zwei schlecht gezielte Raketen in unsere Richtung (im Süden Israels haben in den letzten Tagen hunderte Raketen eingeschlagen, mit tragischen aber überschaubaren Folgen).
Es ist nicht Todesangst, was mich gestern Abend aus der Stadt treibt, zu Familie im Umland, um dort zu übernachten. Es ist nicht die Furcht davor, die dritte Rakete falle ausgerechnet auf meinen Kopf, unter Millionen von Tel Avivern. Es sind die leeren Strassen und Bars. Selbst in den TV-Nachrichten witzeln sie, dass es nie so viele leere Parkplätze im chronisch zugeparkten Tel Aviv gab. Es ist das Gefühl von 9/11: Unsere Welt, unsere Realität wird brutal angegriffen und schwer verletzt (und dazu gehören auch die Bomben auf Gaza). Ich glaube, was mich aus der Bahn wirft, ist die Attacke auf die Realität um mich herum, die Verletzlichkeit der Welt, die ich kenne und liebe und in der ich lebe und leben will.
Also füttere ich Gizmo, fülle seinen Napf randvoll, entschuldige mich bei ihm, dass ich ihn alleine im Kriegsgebiet zurücklasse, und fahre raus aus der Stadt. Das kann ich mir noch nicht vorstellen: aber am Morgen, wenn meine Frau von der Arbeit zurückkommt, wird alles wieder wie immer sein. Köstliches israelisches Frühstück im kleinen Coffeeshop, fiese Raketen auf den Süden Israels, keine Spur von Krieg in Tel Aviv. Bis zur nächsten Sirene.