Girls in Uniform

Eine der bleibendsten Impressionen von meiner Israel-Reise vor 15 Jahren: Zwei sexy junge Frauen am Pool mit ihren Dienstwaffen neben sich, das volle Magazin im Bündchen des Bikini-Höschens. Die jungen israelischen Frauen in Uniform sind ein Klischee-Bild von Israel. Sie sind natürlich beliebt auf Youtube. «Sexy women of israeli military» wurde 450’000 Mal angeschaut, die Diashow «Israel Female Soldiers» 1.5 Millionen Mal.

Davita aus Holland war für ein paar Wochen in unserer Klasse in der Ulpan. Gestern postete die 22-jährige auf Facebook «goodbye world». Sie hat heute ihren «draft day». Ihren Aushebungstag für die israelische Armee. Davitas «goodbye world» ist garantiert nicht düster gemeint. Es ist ihr Gruss an uns: «Endlich geht’s los, tschüss alte Welt». Heute bei der Rekrutierung erfährt sie, ob sie in den kleinen weiblichen Kampftrupp der israelischen Armee aufgenommen wird. Alle israelischen Frauen leisten zwei Jahre Militärdienst. Aber nur eine Handvoll freiwilliger Mädchen wird für den Kampf-Einsatz ausgebildet. Das ist Davita’s Traum. Für diesen Traum ist sie aus Amsterdam nach Israel gekommen. «Ich will nicht auf Menschen schiessen, ich suche einfach die Herausforderung,» sagte sie.

Im Frühjahr hatten wir Ben in der Klasse, einen jungen US-Amerikaner, der nach seinem Dienst bei den US-Marines hergekommen ist, um für Israel in die Hosen zu steigen. Er ist der Infanterist aus dem Bilderbuch: etwas untersetzt, oder einfach nur kräftig gebaut, spielt American Football als Hobby. Schon Ben’s Ambitionen haben mich eigenartig berührt. Erst war ich fasziniert, nicht ohne Bewunderung für den radikalen Lebensentscheid. Krass, dachte ich. Und ich wollte mehr wissen.

Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, wie man sich freiwillig zum Armeedienst melden kann. Könnte ich ihren Entscheid besser verstehen, wäre ich jüdisch? «Steht auf und kämpft für Israel!», nachdem die Juden im Dritten Reich sich widerstandslos haben ‘vernichten’ lassen (wie man bis heute ‘vorwurfsvoll’ hört hier)? Ben und Davita sind hier für’s Abenteuer, für die Kameradschaft in der Armee, für den Challenge – und um etwas für Israel zu tun. Der israelische Staat tut viel dafür, jüdische Jugendliche aus der ganzen Welt nach Israel zu bringen, sie für den Staat und die Armee zu begeistern. Und egal, wie viele Stunden ich in der Ulpan-Schule sitze, Hebräisch und israelische Kultur pauke: Ich werde nie ein Israeli sein. Ich war nicht in der Armee.

Gerade ist das Buch von Shani Boianjiu erschienen, einer jungen israelischen Autorin. Sie erzählt die Geschichte von drei israelischen Freundinnen vor, während und nach ihrer Dienstzeit in der Armee. Darin geht es natürlich um die grosse Frage «was mach’ ich hier eigentlich?» Und natürlich geht es auch um gefühlsarmen Teenager-Sex in Uniform (der New Yorker hatte im Sommer einen Auszug aus dem Buch abgedruckt). Ich habe das Buch bei Chaim, dem Buchhändler an der Baselstrasse, bestellt. Nur den Titel verstehe ich nicht: «The People Of Forever Are Not Afraid». Mein Vorschlag ginge eher in die Richtung: «Girls In Uniform». (Druckt schonmal die nächste Auflage.) Hier ist ein Interview mit Boianjiu im New Yorker.

«… goodbye world …»

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