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Die gute alte Schweiz

Alle hier sagen als erstes: «Wow, du willst hier leben? Und du bist nicht mal jüdisch? Respekt.» Und sie leuchten vor Stolz, wenn ich ihnen erzähle, wie viel Freude ich am Leben und an den Menschen hier habe. Israelis sind sich vor allem kritische Fragen gewohnt von Ausländern. Dann warnen sie mich vor den Schwierigkeiten und Problemen hier. – Auch oft gehört: «WAAS, DU KOMMST AUS DER SCHWEIZ!? Bist du verrückt? Aus dem besten Land der Welt kommst du hierher…?!» – Der Vater meiner Frau zieht den Umkehrschluss: «Man muss offenbar Schweizer sein, um dieses Land hier zu mögen…» Vielleicht hilft eine Portion Schweizerisches Gutmenschendenken und Naivität, um hier positiv zu bleiben. Mal sehen, ob und wann mich ‘die Realität’ einholt.

Was auch zum Auswandern gehört, ist die neue Perspektive auf die alte Heimat. Eine Freundin, die sich hier manchmal schwer tut mit der ständig fordernden, konfrontativen israelischen Mentalität, sagt neulich beim Lunch zu mir: “When the intellect and the kindness meet – that’s how i imagine Swiss people.”

Sie ist im schwarzgrauen Ostblock-Budapest aufgewachsen und lebt seit drei Jahren in Israel. Ihr optimistisches Menschenbild sagt ihr: Die vom Leben verwöhnten Schweizer können es sich leisten, gebildet und freundlich zu sein.

Könnten wohl.