Suizidale Tendenzen
In Deutschland (insbesondere auf Spiegel Online) wird derzeit eine ehrenwerte Kampagne zur Ent-Glorifizierung von Terror gefahren.
Ein Anschlag nach dem anderen wird auf die suizidalen Tendenzen eines depressiven gemobbten Loser-Teenagers zurückgeführt. Die Spurensuche führt zu Ballergames und fiesen Mitschülern statt zu radikalen Predigern und 6 Mal Beten am Tag. Da ist nix mit Märtyrertod Heldenbegräbnis und dutzenden Jungfrauen im Himmel. Nur todtraurige Eltern kopfschüttelnde Nachbarn und geschockte Mitschüler.
Ich wüsste gerne wie viele der jungen Messer-Auto-Pistolen-Scheren-Schraubenzieher-Attentäter hier in Israel in den letzten 12 Monaten auch eher als depressive suizidale Teenager zu beschreiben waren die nichts mit Religion und Extremismus am Hut hatten. Oder die eher ein Breivik- denn ein Bin Laden-Poster im Schlafzimmer hängen hatten. Deren Wut auf die Gesellschaft und die Welt überhaupt zielte.
In Deutschland wird sogar das Motiv des syrischen Selbstmord-Attentäters – pardon wir wollen keine voreiligen Schlüsse ziehen wir wollen ihn nicht Vorverurteilen also des ‘Jungen Mannes mit Migrations-Hintergrund der inmitten einer Menschenmenge mutwillig einen Sprengkörper im Rucksack zur Explosion brachte’ – sogar sein Motiv wird erstmal gründlich untersucht.
Recht so!! Beim Iran-Deutschen in München der 9 Menschen und sich selbst tötete hatte es ja offenbar nichts mit Islam und Terror zu tun (zuletzt hiess es jetzt sogar er hasste das Immigrantenpack).
Bei der Geschichte mit dem Syrer mit der Rucksackbombe ist ISIS aufgewacht (wahrscheinlich hat ein Kommandeur in irgendeiner Kommandozentrale auch Spiegel Online gelesen und wütend Ausgerufen “Ihr Ungläubigen könnt doch nicht unsere Kämpfer als psychisch labile todtraurige seelische Krüppel zeichnen! Das sind doch Helden!”) Einige Tage nach dem Anschlag gibt es jetzt zwei komplett gegensätzliche Narrative und die Polizei kratzt sich am Kopf: Die Deutschen Behörden sprechen von einem depressiven traumatisierten Flüchtling. Und ISIS verbreitet das Porträt eines eiskalten jungen hasserfüllten Mannes – ein Held – der sein ganzes Leben lang für die Sache kämpfte schliesslich nach Europa einreiste um den Feind im Herz zu treffen. Welche Version stimmt nun? Möglicherweise beide? Kann dieser arme Kerl gleichzeitig traumatisierter Flüchtling und hasserfüllter Kämpfer gewesen sein?
Wahrscheinlich fällt mir diese (manchmal vielleicht sogar übertrieben) differenzierte Berichterstattung auch deshalb auf weil ich als Europäer diese Diskussion hier in Israel über die menschlichen Motive und Ursachen vermisse. Hier heisst’s Terrorist Ist ja klar. Araber. Hassen uns ja eh alle. Und Hamas bedankt sich und sagt ‘Ja er war einer von uns’ und feiert ihn/sie als MärtyrerIn.