Finderlohn – Wer hat, dem wird gegeben

Der Strassenwischer findet auf seiner Morgenrunde ein grosses iPhone 7 unter einer Sitzbank in der Dizengof.
Er hebt es auf.

Er trägt Latexhandschuhe, trotz der Sommerhitze lange Arbeitskleidung in Leuchtfarben und vor dem Gesicht eine dieser leichten, textilen Wegwerf-Atemschutz-Masken wie man sie von Zeitungsfotos aus asiatischen Grossstadtmolochs kennt.
Alles was man von ihm sieht ist die Nase und krause schwarze Haare.

Einer der afrikanischen Juden hier, die nicht viel zu melden haben.
Das silbern glänzende grosse iPhone ist ein Fremdkörper in seinen Händen.

Er drückt auf der Seite, auf den Home Knopf wischt über den Bildschirm, es scheint nicht zu funktionieren, oder die Batterie ist alle, oder er weiss nicht was tun damit.
Oder es lässt sich mit Latexhandschuhen nicht bedienen.

Da geht schon eine Blondine auf ihn zu, Typ Mercedes-SUV-Mommy, die den ganzen Vormittag mit ihren Freundinnen – alle im knallengen orange-schwarzen Pilates-Outfit – im Strassenkaffee sitzt.
Sie zeigt auf’s herrenlose Telefon in seiner weissen Latexhand.
Er nickt und gibt es ihr.
Sie kehrt mit dem iPhone zurück an ihren Tisch.

Es ist offensichtlich nicht ihr’s.
Aber es gehört jemandem wie ihr.
Nicht jemandem wie ihm.

Die Idee der beiden war wohl richtig: wenn jemand das Telefon vermisst, wird er wohl anrufen, oder gar zurückkommen und danach suchen.

Eine halbe Stunde später sehe ich die Mutti mit ihrem kleinen 2jhrigen Kind in pinkem Dress das Kaffee verlassen, das Kind spielt mit dem grossen iPhone.

Hätt’s der Strassenputzer nicht besser selber eingesteckt?

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