In Tel Aviv tanzt der liebe Gott
Freitag, früher Nachmittag. Ich lese ‘Die Zeit’ auf dem iPad im Strassencafe an der lärmigen Dizengoffstrasse, Freitag ist der geschäftigste Tag der Woche hier – unser Samstag – der Boulevard ist voller Wochenendshopper und Sonntagsfahrer. Die Frontseite der Zeit: Grosses Hitler-Porträt mit der Frage ‘Wann vergeht Vergangenheit?’. Der deutsche Journalist Bernd Ulrich besucht auch Israel auf der Suche nach Antworten. Er trifft Schriftsteller Etgar Keret in Tel Aviv.
“Und was passiert, wenn die Generation der Täter und der Opfer ausstirbt?” fragt er ihn. Keret: “Das ist kein Problem, ich trage das Leben meiner Eltern in mir, es ist ein Teil von mir.” Ulrich: “Sie wollen Ihre Eltern in sich haben, ich will meinen Nazi-Opa keinesfalls in mir haben.”
Im Westen nichts Neues.
Vorbei spaziert ein Paar, Mittzwanziger. Er im schwarzen T-Shirt. Auf dem Rücken steht in fetten Lettern: “I would only believe in a god that knows how to dance.” Das ist Tel Aviv.