What else …?

Heute hatte ich Schulfrei. Wahltag ist ein Bank-Holiday in Israel. Büros und viele Läden waren geschlossen. Der Bürger wird für seine Pflichterfüllung mit einem freien Tag belohnt. Der Mann am Kiosk sagte mir: «Es ist der einzige freie Tag (Chofesh) ohne Feiertag (Chag) in Israel.» Sprich: Ohne traditionelle Pflichten, ohne Familienzeremonie, ohne Erinnerung an eine historische Tragödie etc. Der Kioskmann arbeitete natürlich trotzdem. Die ganze Stadt war unterwegs bei Flanierwetter, sonnig angenehmen 23 Grad. Ich habe die Tel Aviver auf der Strasse noch nie so entspannt erlebt.

Beim Wählen ist alles gleich wie zuhause und doch anders. Man steckt einen Zettel in einen Umschlag und wirft den Umschlag in eine Urne im Quartierzentrum. Gabi hat auf meinen Wunsch hin die Links-aussen-Partei Meretz eingelegt. Ich habe keine Ahnung, was in deren Programm steht. Aber es scheint mir, das Land braucht Linksdrall.

Wen immer ich in den letzten Wochen fragte: Alle rätselten, wen man wählen müsste, um Bibi abzuwählen. Während Bibi die Rechte mehr oder weniger hinter sich brachte, waren bei der Linken viele halbstarke Einzelkämpfer im Spiel. Jetzt hat offenbar George Clooney-Verschnitt Yair Lapid profitiert von seinem Promi-Bonus als bekannter Journalist, Autor und TV-Host. Im Wahlkampf hatte die Linke den Politneuling als ahnungslosen Schulabbrecher verspottet. Die Rechte hatte ihn ignoriert. Mit seinem ‘Zukunfts-Programm’ und mit einer Best-of Sammlung hoffnungsvoller Phrasen für die Mittelschicht, die er sich als TV-Profi bei Obama und Co abgeschaut hat, bringt er es nun mit seiner neuen Partei aus dem Stand zur zweitstärksten Fraktion im Parlament. Das ist wie wenn Roger DeWeck oder Peter Rothenbühler heute eine neue politische Partei gründen, und damit bei den nächsten Wahlen in den Bundesrat einziehen würden.

Heute Abend feiern im Fernsehen alle Parteien ihren Wahlsieg. Wie überall auf der Welt. Die einen ehrlich glücklich. Die anderen mit Frust und Krampf im Lächeln. Gewonnen hat King Bibi, wie von allen vorhergesagt. Auch wenn die Links/Mitte-Parteien einen Achtungserfolg eingefahren haben. Bibi wird (vorerst) weiter regieren. George Clooney hin oder her. Am Ende heisst’s hier: Netanyahu. What else ..?

Welche Partei vertritt meine Interessen? – Ein Online-Fragebogen hilft bei der Wahl-Entscheidung. Nebst den Fragen, die ich aus der Schweiz bestens kenne (“Sollten Arbeitslose jede angebotene Stelle annehmen müssen?”) gibt es auch einige sehr ‘israelische’ Fragen.

Fragebogen: Sind Sie eher für oder gegen Meinungsfreiheit?

Fragebogen: Wie wichtig ist Ihnen Religionsfreiheit?

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