Sherutim
Scherut heisst auf Hebräisch “Service”.
Sherutim ist die Mehrzahl: “Services”.
Sherutim bedeutet aber auch Scheisshaus oder vornehmer: Toilette.
Warum das gut zusammenpasst? Oft ist der Service hier (Dienstleistungen aller Art) verschissen.
Ich habe ein paar gute Freunde, die können sich stundenlang darüber erregen. Besonders die zweite Geschichte, siehe unten, ist beinahe zu gut, um wahr zu sein. Israel pur! Ich schwöre mit Zeugen, es hat sich so zugetragen.
Zum Aufwärmen: Der private Taxibusfahrer gibt mir gestern gegen Ende der Strecke mein Fahrgeld zurück, als die beiden letzten anderen Fahrgäste, zwei Italiener ausgestiegen sind. Er sagt, er fahre nicht bis zur Endstation. Ich solle in den (langsameren) öffentlichen Bus der hinter uns fährt umsteigen.
Ich frag ihn, wo er denn hinfährt. Er gibt mir keine Antwort. Warum auch. Er schmeisst mich ja raus, also was kümmert mich, wo er nachher ohne mich hinfährt..?
Natürlich fährt kein Bus hinter uns her, aber irgendwann wird einer kommen, also steige ich aus. Man hat nicht immer die Lust, Kraft, oder Motivation, auf irgendwas zu beharren. Ich hab ausserdem Zeit, es wartet niemand zuhause ausser die Katze.
Gut, das geht ja noch, mag man jetzt denken, wer will sich schon echauffieren, weil ein armer kleiner alter Privatbusfahrer lieber umdreht und in die lukrativere Innenstadt zurückfährt.
Trotzdem.
Alle die je hier gelebt haben können bestätigen, es ist anstrengend, immer kampfbereit zu sein. Und der andere Taxifahrer neulich, der hat echt noch einen draufgesetzt, den könnte man so schön gar nicht erfinden:
Wir stiegen zu dritt in ein Taxi ein. Es stinkt nach Rauch. Nicht kalter Rauch. Der Fahrer, ein vielleicht vierzig Jahre alter Glatzkopf (wie fast alle Israelis ü35), fläzt in seinem Fahrersitz, ganz zurückgestossen, die Lehne praktisch horizontal. Bequeme Liege. Ein Styroporbecher klemmt am Armaturenbrett.
Auf freundliche Bitte, etwas Beinraum freizumachen sagt er: Lehne kaputt.
Ohne ein Sorry oder irgendwas, wohlgemerkt.
(Mir fällt das fehlende Sorry gar nicht mehr auf, erst wenn ich jetzt so drüber nachdenke: Ungeheuerlich. Aber Achtung, das ist nur der Anfang. Die Pointe kommt noch.)
Wir könnten jetzt protestieren und aussteigen.
Aber man hat nicht immer die Kraft.
Also fahren wir die zehn Minuten mit dem Typen, der ansonsten nicht unfreundlich wirkt. Es kümmert ihn einfach keinen Scheiss, ob man hinter ihm im Taxi sitzen kann oder nicht. Muss ja keiner dort sitzen! (Und Trinkgeld gibt’s ohnehin keines in israelischen Taxis. Man zahlt, was auf dem Meter steht, und manchmal etwas mehr, wenn sie einem mysteriöse Zuschläge wie den Shabbat-Zuschlag am Sonntag oder ähnliches verrechnen – man mag nicht immer kämpfen, also zahlt man die dreivier Schekel auch am Donnerstag extra. Was solls.)
Am Ende der Fahrt bezahlt die Freundin, die ihre langen Beine während der Fahrt wenn nicht grade auf meinem Schoss, denn doch quer auf dem Rücksitz parken musste. Hinter dem Fahrer geht kein Fuss zu Boden.
Sie ist Schweizerin mit viel internationaler Erfahrung auf allen Kontinenten. Und sie kennt den Israeli auch schon ein zweidrei Jahre.
Also fragt sie den Typen auf Englisch: Wie lange ist dein Sitz schon kaputt?
Er sagt: Jetzt kann ichs dir ja sagen, mein Sitz ist nicht kaputt, thats how i drive.
Diese Freunde mögen ihr Leben in Israel in der Regel nicht so gerne.